Amt Landhagen

Spitzenhandwerk aus Neuenkirchen

Geschrieben von Kirsten Kirchner am .

Andre Ohseloff in seiner Werkstatt

Für seine hervorragende Arbeit im Gutshaus Falkenhagen wurde die Polsterei Ohseloff mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege ausgezeichnet. Eine Jury aus 12 Fachleuten begutachtete im Sommer dieses Jahres neben anderen Objekten auch das Gutshaus nahe Greifswald. Alle waren sich rasch einig, unter denkmalpflegerischer Betrachtung hatten Eigentümer, Architekten und Handwerker hier Preisverdächtiges geleistet.

Einen ganz eigenen Beitrag dazu leistete dabei die Polsterei Ohseloff aus Neuenkirchen. Andre Ohseloff, gelernte Polsterer und Raumausstatter, arbeitete mehrere Wochen im heißen Sommer 2013 daran, vier Räume mit einer Stoffwandbespannung zu versehen. Heute wartet das Gutshaus mit alt und dabei sehr edel anmutenden Zimmern auf.

Der Auftrag lockte den 43-jährigen sofort, kaum dass er die Baustelle gesehen hatte. Historische Häuser wieder in alter Pracht erstehen zu lassen, war schon immer sein Faible. „Die ersten Sporen als Polsterer verdiente ich 13-jährig bei meinem Großvater“ erzählt er. Die Erinnerung an Großvaters Berufsleben kitzelte ihn an seiner Handwerkerehre. „Etwas Schönes und Bleibendes schaffen war Ansporn und Herausforderung in gleichem Maße.“ Die alte Lehmbauweise des Gutshauses in Falkenhagen, in der fast keine Wand ganz gerade ist, brachte manche durchgrübelte Nacht mit sich. Höhenunterschiede und unliebsame Krümmungen reichten bis zu 16 Zentimetern. Auf so eine Fläche den Stoff glatt anzubringen, ist schlichtweg schwer. Leisten oben und unten an den Wänden müssen mit Holzkeilen so angebracht werden, dass im Ergebnis alles Ungerade verschwindet. Ist dieser Arbeitsschritt getan, müssen die Bewohner des Hauses sich darüber einigen wo, welche Leitungen und Lichtschalter hingehören und an welcher Stelle ein Bild aufgehängt werden soll. Auch dort wurden Leisten aufgebracht und ordentlich ausgerichtet. Die Wand wurde unterfüttert, sagt der Fachmann. Anschließend muss der Stoff flächig zusammengenäht werden. Der obere Stoffrand wurde dazu auf feste Pappstreifen getackert. Im nächsten Arbeitsschritt befestigte Ohseloff dieses unterhalb der Stuckkante an der Wand auf den zuvor angebrachten Holzleisten. Ein schweißtreibender Job: „Ich stand dabei zwischen Wand und Stoff und halte mit einem Arm den Tacker, mit dem anderen den Stoff. Der ist aus Leinen, etwas rau und rutscht Zentimeter für Zentimeter über meinen abgewinkelten Arm“, erinnert sich Andre Ohseloff. Gemeinsam mit seinem Vater arbeitete er vor Ort.

Als nach langem Mühen die erste Probewand fertig war, musste der Maler ran. Denn die Zimmer sollten später in hellem Grün, leichtem Gelb und zartem Orangeton leuchten. „Dass das Leinen sich bei Feuchtigkeit zusammenziehen würde, war uns klar, meint Ohseloff. Dass diese Kraft aber so stark war, dass 120 Zentimeter lange Spax-Schrauben einfach so aus dem Mauerwerk gezogen wurden, hat uns dann doch die Sprache verschlagen.“ Also wurden größere Schrauben genommen, der Leinenstoff erhielt mehr Spielraum. Nach drei Wochen war alles fertig. Die rauen, wenig einladenden Wände mit Lehmfachung haben nun eine natürliche textile Oberfläche, die zusätzlich das Raumklima und die Akustik verbesserten. Die Zusammenarbeit mit dem Eigentümer des Hauses war so gut, dass der ihm auch das Styling von Gardinen und Vorhängen überließ. „Ich habe dem Hausbauer eine lebenslange Garantie für meine Arbeit gegeben“, sagt Andre Ohseloff. „Was mein Großvater konnte, werde ich doch wohl auch schaffen.“

Dieses Versprechen ist für alle, die viel mit Handwerkern zusammenarbeiten wie ein weiterer Preis, den sich der Neuenkirchener verdient hat. „Mein Dank geht an die Eigentümer und an das Planungsbüro TANGRAM aus Greifswald, sowie den Malermeisterbetrieb R. Mähl aus Stralsund, die das Projekt Wandbespannung mitermöglicht haben.“

Quellen:
Video: Nordmagazin, 27.11.2014
Fotos: Kirsten Schielke, Polsterei Ohseloff

Tags: Video

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